Otto Lukas Hänzi

dipl. Arch. ETH/SIA

 

 

"ICH UND MEIN ONKEL GAIUS"

Fortsetzung der Geschichte ab Tarsus bis vor Rom in stark gekürzter Fassung

 

(Die imaginäre Reise durch das römische Reich führt von Augusta Raurica in der Schweiz den Rhein hinunter und über den Ärmelkanal in den Norden Britanniens und dann wieder südwärts durch Gallien nach Spanien und Nordafrika. Zu dritt durchqueren sie Nordafrika von Marokko bis Aegypten, um dann über Palästina bis ans östliche Ende des Reiches kommen, wo sie prompt als Spione gefangen genommen werden. Sie kommen aber wieder frei und reisen weiter nach Tarsus in der heutigen Südtürkei)

Tarsus, die Hauptstadt der Provincia Cilicia, liegt selbst nicht am Meer, ist aber über Kanäle mit diesem verbunden und hat in der Nachbarstadt Pompeiopolis einen guten Hafen. (...) Ich mochte die Stadt von Anfang an, war sie doch nicht ganz so prunksüchtig wie einige der Städte, die wir besucht hatten. Und hier sprach man wieder vermehrt Latein und nicht nur Griechisch.

(Die Weiterreise führt nach Perge mit dem prächtigen Stadttor und den davor liegenden Bauten, und dann nach dem heutigen Pamukkale mit den schneeweissen Kalksinterfelsen, dem antiken Hierapolis)

Zuerst glaubte ich, die Stadt stehe in einem Schneefeld. Als wir dann aber nahe genug waren, sahen wir, dass dieser Schnee aus blendend weissem Fels besteht, der sich weit über den Abhang herunter zieht. Der Felsen bildet stufenförmig übereinander liegende flache Becken mit herrlich warmem Wasser, das oben, wo die Bäder der Stadt liegen, aus dem Boden fliesst.

(An der Westküste der Türkei erreichen sie Halicarnassus, das heutige Bodrum, wo eines der sieben Weltwunder steht)

Prachtvoll erhebt sich hoch über der Bucht das riesige Grabmal des Königs Mausolus (Fürst von Karien 377 - 353 vC). Unten, der weiten Meeresbucht entlang, liegen die Werften und Lagerschuppen des grossen Hafens, dahinter die Stadt, die am Abhang um die Bucht herum liegt.

(Mit einem Schiff fahren die drei nach der Insel Kos mit dem Heiligtum des Heilgottes Aeskulap und weiter nach Didyma zum grossen Heiligtum des Apoll)

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An der Prozessionsstrasse, die nach Miletus führt, quartierten wir uns in einem der vielen Pilgerhospize ein, um dann am anderen Morgen die grosse Tempelanlage zu besuchen. Und ich meine wirklich riesengross. Zwar ist der Tempel seit rund fünfhundert Jahren eine Baustelle und noch immer nicht ganz vollendet, aber er ist auch von gigantischen Ausmassen. (...) Innen ist ein nicht überdachter, kahler Hof, in welchem sich der eigentliche winzige Tempel befindet. Davor der heilige Brunnen und ein Gartenbeet mit den kümmerlichen Resten des uralten, dem Apollo heiligen Lorbeerbaumes. Besucher dürfen in kleinen Gruppen über eine unterirdische Rampe in den Hof hinabsteigen und einen Blick auf das kleine, ebenfalls uralte und wundertätige Kultbild des Apollo zu werfen, das hinten im Tempel steht.

(Danach besuchen sie die mächtige Stadt Milet und die kleinere Stadt Priene, um schliesslich nach der Weltstadt Ephesus zu gelangen)

Als wir von der oberen Agora aus hinunterschritten, sahen wir vor uns die schöne Fassade der berühmten Bibliothek, welche C. Iulius Aquila zu Ehren seines Vaters C. Iulius Celsus Ptolemaeanus hatte bauen und einrichten lassen.

(Und...) Das Heiligtum der Artemis gehört zu den berühmtesten der Welt, man zählt es gar zu den Weltwundern wie das Grabmal des Königs Mausolus in Halicarnassus oder die Pyramiden bei Heliopolis. Hatte mich die Stadt Ephesus am Vortag wegen des schlechten Wetters enttäuscht, so enttäuschte mich dieses Heiligtum gerade noch einmal. Zwar ist der Tempel mit seinem Säulenwald riesengross und reich mit prächtigen Steinhauerarbeiten geschmückt, der Altar ist gross und eindrucksvoll und im Hof stehen hunderte von Statuen der Diana, in der seltsam abstrakten Form des Kultbildes im Innern des Tempels oder als jagende Göttin mit Köcher, Pfeil und Bogen, aber solche Sachen hatte ich bereits an mehreren anderen Orten gesehen. (...) Als dann eine Opferung stattfand, nahmen wir selbstverständlich daran teil, aber ohne grosse innere Bewegung.

(...) Nach einer weiteren Übernachtung brachen wir am folgenden Morgen zur dreitägigen Reise auf, um über Smyrna (Izmir), Kyme, Myrina und Grynaeum die bedeutende Stadt Pergamum zu erreichen. Wir erreichten diese wunderbare Stadt am dreihundertfünfundsechzigsten Tag meiner Reise. Genau ein ganzes Jahr lang war ich nun schon unterwegs!

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Zwei Sachen wollten wir in Pergamum unbedingt ansehen: die berühmte Akropolis und das Heiligtum des Aesculapius. (...) Das Asklepieion, das grosse Heiligtum des Aesculapius, liegt etwas ausserhalb der Stadt. Über eine reich ausgestattete Prozessionsstrasse erreichten wir den heiligen Bezirk, wo sich Onkel Gaius mehrere Tage lang einer Kur gegen seine immer wiederkehrenden Rückenschmerzen unterzog.

(Nach einer kurzen Seereise erreichen die drei Athen)

Natürlich unterzogen wir die berühmte Stadt einer ausgiebigen Besichtigung. Dies gehört zu jedem Kulturprogramm. Die neueren Bauten gefielen mir sogar ganz gut, weil diese nicht so schäbig aussahen. Da war der grosse Tempel des Juppiter, mit dessen Bau zwar schon vor vielen hundert Jahren begonnen worden war, den aber erst Imperator Hadrianus vor etwa achzig Jahren vollendete. Im Innern des Tempels steht eine wunderschöne Statue des Gottes aus Gold und Elfenbein, und überall stehen weitere Statuen von Hadrianus selbst und dem Göttervater Juppiter.

(Die Weiterreise führt nach Korinth und in die Berge hinauf zum abgelegenen Heiligtum des Apollo Epicurus bei Bassae, und dann wieder ans Meer hinunter nach Olympia)

Wir besichtigten nur gerade die wichtigsten Orte, natürlich allem voran den Tempel des Juppiter, dessen Kultbild zu den Wundern dieser Welt gehört. Ich war völlig überwältigt von der Majestät dieses Götterbildes. Juppiter Optimus Maximus sitzt auf einem goldenen, mit Edelsteinen verzierten Thron und ist mit einem goldenen Mantel bekleidet. Die Haut ist aus Elfenbein gefertigt, seine Haare bestehen aus Gold. Das ganze Götterbild ist fast 40 Fuss hoch bei über siebenfacher Menschngrösse, und die geflügelte Viktoria, die der Gott auf einer Kugel in seiner rechten Hand trägt, hat volle Menschngrösse!

(Die Weiterreise geht dann per Schiff von Griechenland um die Südspitze Italiens herum ins Tyrrenische Meer)

Draussen auf dem Meer (vor Terracina) fand ein Flottenmanöver mit Kriegsgaleeren statt. (...) Am folgenden Morgen reisten wir gemütlich durch die Ebene nach Privernum und übernachteten auf einem Landgut in den Hügeln südöstlich von Roma, und am Abend darauf erreichten wir den Ort Praeneste.

(Den Rest der Reise nach Rom legen die drei erneut auf dem Landweg zurück)

Jetzt, da wir Roma in der Ferne gesehen hatten, waren wir alle drei unruhig und konnten kaum erwarten, endlich hin zu kommen. So reisten wir denn am folgenden Morgen, am ersten Tag des Monats Junius, die fünfundzwanzig Meilen mit unserem Wagen durch die weite Ebene nach der herrlichen Stadt.

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Fortsetzung der Reise

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